High-Precision in der Gesichtschirurgie
Im Zuge der Digitalisierung in der Medizin halten modernste hochtechnisierte Methoden Einzug in den klinischen Alltag. Durch die Zusammenführung bildgebender Daten werden im 3D‐Druck knöcherne Strukturen als plastisches Modell direkt im Krankenhaus
„anfassbar“. In Fächern wie der Mund‐, Kiefer‐ und Gesichtschirurgie oder der chirurgischen Orthopädie führt der Einsatz von 3D‐Modellen zu einer noch höheren Präzision im OP‐Ergebnis und einer Reduktion der Eingriffszeit.
„Wir können an der Mund‐Kiefer‐Gesichts‐Chirurgie individuelle und hochpräzise Patientenmodelle mit dem eigenen 3D‐Drucker herstellen.“
OA Dr. Yorck Zebuhr
Fachschwerpunkt für Mund‐, Kiefer‐ und Gesichtschirurgie am Klinikum Wels‐Grieskirchen
„Selbst kleinste anatomische Strukturen und fein verästelte Knochengewebe kommen dadurch zur Abbildung. Das unterstützt uns in der Vorbereitung auf den Eingriff“, erklärt Dr. Yorck Zebuhr, Oberarzt am Fachschwerpunkt für Mund‐, Kiefer‐ und Gesichtschirurgie am Klinikum Wels‐Grieskirchen. Besonders gut geeignet ist die Methode bei komplexen Frakturen, Fehlbildungen und Tumorsituationen.
Zebuhr streicht einen der Vorteile heraus: „Etwa bei einer Tumorentfernung im Kieferbereich wird so bereits im Vorfeld ein Modell vom zu erwartenden knöchernen Schaden angefertigt und wir können passgenaue patientenspezifische Implantate vorbereiten. Somit wird die OP‐Dauer für den Patienten deutlich minimiert, das Ergebnis ist dabei hochpräzise.“
Komplexer Eingriff
Profitiert von dem Verfahren hat heuer bereits ein Unfallopfer. Der Steirer erlitt bei einem Crash mit dem Auto einen Bruch des Augenhöhlenbodens. „Durch die Vermessung der zweiten, gesunden Augenhöhle war es uns möglich, sehr schnell im Klinikum selbst ein 3D‐Modell zu produzieren, anhand dessen wir die Rekonstruktion realitätsgetreu vorbereiten und die dafür notwendigen Schritte planen konnten“, so der Mund‐Kiefer‐ und Gesichtschirurg.
Der Weg von der Skizze am Papier und von Röntgenbildern am Monitor hin zum Modell in der Hand machte eine direktere und interaktivere Kommunikation zwischen Arzt und Patient möglich. „Durch die vollständige Integration medizinischer Bilddaten und die bessere haptische Wahrnehmung erhalten wir Informationen, die auf andere Weise nicht zur Verfügung stehen“, erklärt der Chirurg.
Der Patient zeigte sich sowohl von der OP‐Planung als auch vom Ergebnis fasziniert: „Ich bin ein sehr neugieriger Patient. Anhand des Modell wurde mir in der Aufklärung vor dem Eingriff alles genauestens erklärt. Das Operationsergebnis ist vollauf zufriedenstellend, ich bin im Alltag in keinster Weise eingeschränkt. Ich freue mich, einen so großen Nutzen aus der Methode gezogen zu haben.“
Für die Rekonstruktion des Augenhöhlenbodens wurde die zweite, gesunde Augenhöhle vermessen und im 3D‐Druckverfahren nachgebildet. So konnte der Eingriff exakt geplant und schnellstens durchgeführt werden.
Zukunftsweisende Technologie
Für den 3D‐Druck werden bildgebende Daten der knöchernen Strukturen benötigt. Diese stammen aus CT und MRT. „Für die Nachbildung der Zähne erhalten wir durch die Verwendung des intraoralen Scanners eine noch höhere Auflösung“, erklärt der Facharzt für Mund‐, Kiefer‐ und Gesichtschirurgie. Auch diese Technologie bringt gegenüber herkömmlichen Verfahren viele Vorteile mit sich, etwa hinsichtlich Patientenkomfort, Bearbeitungsmöglichkeiten und Archivierung, und stellt einen weiteren Schritt in Richtung digitaler Workflow dar.
In einigen Jahren werden Intraoralscan und 3D‐Druck durchwegs etablierte Werkzeuge in der Routine der Mund‐, Kiefer‐ und Gesichtschirurgie sein. „Die Fortschritte durch die Digitalisierung sind hier derzeit enorm, die Methoden werden immer leichter handhabbar und auch günstiger in der Anwendung“, so Zebuhr. Bereits heute profitiert die Mund‐, Kiefer‐ und Gesichtschirurgie vom 3D‐Druck nicht nur in der präoperativen Planung, sondern auch in der Durchführung von Modell‐OPs, der Verkürzung der Eingriffszeit und der Produktion von Modellen für Lehr‐ und Studienzwecke.