Was tun beim Kindernotfall?
Fieberkrampf, Atemnot, Verkehrsunfall − erleidet ein Kind einen Notfall, sind Eltern und beteiligte Erwachsene oft wie paralysiert. Doch bis die Rettung eintrifft, können wertvolle Minuten verstreichen. Deshalb ist es wichtig, auch als medizinischer Laie rechtzeitig die richtigen Maßnahmen zu ergreifen.
„Ein Kindernotfall ist, wenn sich ein Kind in einer kritisch kranken Situation befindet, durch welche Sauerstoffsättigung und Herzfrequenz ohne adäquate Behandlung innerhalb einer gewissen Zeit abnehmen und es zu einem Herz-Kreislauf-Stillstand kommen kann“, erklärt Susanne Niedersüss-Markgraf, Ärztin für Kinder- und Jugendheilkunde am Klinikum Wels-Grieskirchen und Spezialistin für Neonatologie und Kindernotfälle. Gemeinsam mit ihren Kolleginnen schult sie zum Beispiel Eltern im Krankenhaus in der Neugeborenenreanimation.
Die häufigsten Kindernotfälle
Beim Erwachsenen liegen einem Notfall meist ein Herzinfarkt oder ein Schlaganfall zugrunde. Klassische Auslöser eines Kindernotfalls sind hingegen einerseits verschiedenste Formen von Beeinträchtigungen der Atmung, wie etwa Pseudokrupp. Zur zweiten großen Gruppe zählen andererseits Ursachen, wie großer Flüssigkeitsverlust bei Durchfällen, Erbrechen oder Traumen mit hohem Blutverlust. Auch neurologische Gründe, zum Beispiel Krampfanfälle, Unfälle und Vergiftungen, stellen Kindernotfälle dar.
An der Gesamtheit der Einsätze im Notarztdienst sind Kindernotfälle sehr selten. Im Ernstfall entscheiden aber oft die Minuten bis zum Eintreffen des Rettungsteams über Leben und Tod. Aus diesem Grund ist die Schulung von Laien in Erster Hilfe umso wichtiger.
Rettungskette beim Kind
Beobachtet ein erwachsener Laie einen Kindernotfall, empfiehlt Niedersüss-Markgraf:
„Selbstschutz geht vor Fremdschutz. Dann prüft man durch lautes Klatschen oder Ansprechen des Kindes oder über einen leichten Schmerzreiz, ob das Kind bei Bewusstsein ist. Ist ein Kind bewusstlos, ist das Grund genug, die Rettung zu alarmieren.“
OÄ Dr. Susanne Niedersüss‐Markgraf, Abteilung für Kinder‐ und Jugendheilkunde
Bei einem Erwachsenennotfall heißt es Call first, da oft ein Defibrillator benötigt wird. Beim Kind heißt es hingegen Call fast: Wenn nur eine Person vor Ort ist, werden zuerst Maßnahmen gesetzt und dann erst die Rettung verständigt.
Was der Laie tun kann
Bis das Notfallteam eintrifft, können Beteiligte wertvolle Hilfe leisten und die Maßnahmen A bis C durchführen:
A für Öffnen und Kontrollieren der ATEMWEGE
Zuerst werden durch die richtige Positionierung des Kopfes die Atemwege geöffnet: Bei einem Säugling darf der Kopf dabei nicht überstreckt werden, da die Atemwege noch sehr eng sind und sich diese sonst verlegen können – der Kopf wird deshalb in eine neutrale Position gebracht.
B für BEATMUNG
Atmet das Kind nicht, dann beginnt man mit fünf sogenannten Initialbeatmungen. „Den Säugling am besten in der Neutralposition über Mund und Nase beatmen, denn die Wahrscheinlichkeit, dass man über beide Atemwege Luft einbringt, ist so größer“, erklärt Niedersüss-Markgraf.
C für Circulation (Kreislauf)
Gibt das Kind nach diesen ersten fünf Beatmungen kein Lebenszeichen von sich − hustet nicht, schluckt nicht, atmet nicht − beginnt man mit der Herzdruckmassage. Hierbei kann man nichts falsch machen – auch nicht, wenn der Kreislauf des Kindes noch besteht. Wenn ein Kind nicht reanimationspflichtig ist, zeigt es das von selbst, zum Beispiel indem es schreit. „Die Herzdruckmassage hilft nur, wenn man sie schnell und fest genug macht, sonst ist sie sinnlos“, so die Expertin für Kinderreanimation.
Die aktuellen Empfehlungen für den Laien lauten 30 Herzdruckmassagen im Wechsel zu zwei Beatmungen, eine Minute lang, nach dem gleichen Schema wie bei Erwachsenennotfällen. Denn: „Bevor man gar nichts macht, orientiert man sich an den Erwachsenenrichtlinien. Man hofft, in der ersten Minute der Basisreanimationsmaßnahmen den durch einen Atemstillstand entstandenen Herz-Kreislauf-Stillstand wieder reversibel machen zu können. Erst nach einer Minute greift man zum Telefon und alarmiert die Rettung, sofern dies nicht schon durch eine andere Person erfolgt ist.“
Der größte Fehler ist, nicht zu beginnen
Die Eltern sollten unbedingt mit einer Reanimation beginnen – letztlich ist es egal, wie − Hauptsache sie beginnen. Die Sauerstoffreserve bei einem Säugling beträgt zwei bis fünf Minuten, abhängig von Herzfrequenz, Hämoglobinkonzentration und anderen Parametern. Obwohl die alarmierte Rettung im Stadtgebiet binnen weniger Minuten vor Ort sein kann, ist die Zeit knapp.