Reden wir über Harninkontinenz!
Knapp eine Million Österreicher quer durch alle Altersgruppen ist von unfreiwilligem Harnverlust betroffen: Neben hygienischen Folgewirkungen ist Inkontinenz vor allem auch ein soziales Problem. Betroffene scheuen sich darüber zu sprechen und fragen den Arzt oft erst spät um Rat. Dabei gibt es einfache Therapien, um dem Problem entgegenzuwirken – vor allem durch Physiotherapie und Verhaltensmaßnahmen im Alltag. Entgegen vorherrschender Meinung sind auch viele Männer von Inkontinenz betroffen – statistisch gesehen leiden im Alter von 60 Jahren rund 12 Prozent der Männer daran, ab 75 Jahren sogar knapp 23 Prozent.
Die Ursachen für die Entwicklung einer Harninkontinenz sind vielfältig.
„Wohingegen bei Frauen vor allem Schwangerschaften und hormonelle Schwankungen hauptausschlaggebend sind, stellt bei Männern etwa die Vergrößerung der Prostata einen Risikofaktor dar.“
OÄ Dr. Manuela Gruber, Urologin am Klinikum Wels-Grieskirchen
Auch Medikamente, Verletzungen oder Erkrankungen können Harninkontinenz bei Frauen und Männern verstärken oder sogar auslösen. „Die unterschiedlichen Formen der Inkontinenz, wie Belastungs-, Drang-, Überlauf- oder Reflexinkontinenz, können zum Beispiel durch Muskelschwäche, operative Eingriffe, Blasenentzündung, Prostatavergrößerung, Nervenerkrankungen oder -verletzungen bedingt sein.“
Tabuisierte Volkskrankheit
Trotz einer Vielzahl an Betroffenen ist unfreiwilliger Harnverlust in der Gesellschaft immer noch ein absolutes Tabuthema. „Obwohl die Lebensqualität massiv durch die Erkrankung eingeschränkt wird, suchen nur wenig Betroffene Rat beim Experten“, so Gruber. „Erster Ansprechpartner ist auf jeden Fall der Hausarzt, der dann an den Facharzt weitervermittelt. Erwiesen ist, dass Inkontinenz heute durch einfache, aber hoch effektive Maßnahmen meist sehr erfolgreich behandelt werden kann – Ziel ist dabei Heilung bzw. eine deutliche Besserung der Beschwerden.“
Breites Spektrum an Therapieoptionen
Je nach Form und Ursache des unfreiwilligen Harnverlusts können unterschiedliche Behandlungsmöglichkeiten Abhilfe schaffen. „Am Klinikum Wels-Grieskirchen werden verhaltens- und physiotherapeutische, medikamentöse oder auch operative Therapieoptionen angeboten“, beschreibt die Welser Urologin. Sinnvoll kann sein, fixe Trinkmengen und Harnblasenentleerungszeiten festzulegen, den Beckenboden unter fachlicher Anleitung eines spezialisierten Physiotherapeuten in Einzeltherapie zu trainieren und Elektrostimulation und Biofeedback einzusetzen. Neben konservativen Behandlungsmethoden und dem Einsatz von Medikamenten kann schließlich auch ein operativer Eingriff in Betracht gezogen werden – zum Beispiel das Einsetzen eines künstlichen Blasenschließmuskels. „Inkontinenz ist eine starke seelische und körperliche Belastung und kann zu sozialer Isolation führen. Aber: Inkontinenz ist behandelbar! Der Mut zum Gespräch mit dem Arzt ist der erste Schritt auf dem Weg zur Heilung.“ Die Vielzahl an Behandlungsmöglichkeiten macht eine individuelle Versorgung der Patienten möglich, um die Lebensqualität der Betroffenen deutlich zu erhöhen und im besten Fall eine Heilung herbeizuführen.