Diabetische Retinopathie
Bei der diabetischen Retinopathie handelt es sich um eine Augenerkrankung, die sowohl Typ-I- als auch Typ-II-Diabetiker treffen kann. Die Ursache liegt in der Schädigung der kleinsten Gefäße der Retina (Netzhaut) durch hohe Blutzuckerwerte. Sie kann zu einer starken Beeinträchtigung des Sehvermögens und sogar zum Erblinden führen. Ein rasches Erkennen des Krankheitsbeginns, die Kontrolle der Risikofaktoren und moderne Therapiemöglichkeiten verzögern den Krankheitsverlauf entscheidend.
„In der westlichen Welt ist die diabetische Retinopathie die häufigste Erblindungsursache im arbeitsfähigen Alter“, erklärt Horst Fischer, Oberarzt an der Abteilung für Augenheilkunde und Optometrie am Klinikum Wels-Grieskirchen. „Bei Typ II leiden bis zu 16 Prozent darunter, bei Typ I sogar bis zu 27 Prozent. Das Gefährliche daran ist, dass die Krankheit zunächst oft unbemerkt auftritt.“ Regelmäßige Kontrollen unterstützen die Früherkennung, ein rascher Behandlungsbeginn verzögert das Fortschreiten.
Was passiert bei der diabetischen Retinopathie?
Das Krankheitsbild betrifft die kleinsten Gefäße in der Netzhaut. „Die Gefäße verschließen sich und führen über eine Minderdurchblutung zu einer Unterversorgung der Netzhaut mit Sauerstoff. Diese reagiert mit der Ausschüttung eines Signalmoleküls namens VEGF. Dieses Molekül lässt neue Gefäße wachsen und macht Gefäße durchlässiger. Im Prinzip ein gutes Geschehen im restlichen Körper, aber in der Netzhaut richten die neuen Gefäße Schaden an“, so Fischer. „Schwellungen der Netzhaut treten auf, zum Beispiel an der ‚Stelle des schärfsten Sehens‘ in der Makula, dann spricht man von der sogenannten diabetischen Makulopathie.“ Die Makula ist ein etwa fünf Millimeter großer Bereich in der Mitte der Netzhaut mit den meisten Sehzellen. „Die neuen Gefäße führen auch zu Blutungen und durch Schrumpfen zu Netzhautablösungen, das nennt man dann diabetische Retinopathie.“ Mit fortschreitender Erkrankung nimmt die Sehschärfe immer mehr ab. Starke Sehbehinderungen treten auf, die schwerste Form führt zum Erblinden.
Um diesen Prozess hinauszuzögern, ist eine gute Einstellung des Blutzuckerspiegels von Anfang der Diabeteserkrankung an besonders wichtig – der HbA1c-Wert muss unter 7,0 liegen. Bluthochdruck, hohe Blutfettwerte, Rauchen sowie zusätzliche Nierenerkrankungen und hormonelle Umstellungen in Schwangerschaft und Pubertät wirken sich in der Regel ungünstig auf die diabetische Retinopathie aus.
So wird die diabetische Retinopathie diagnostiziert
Der Augenarzt erhebt die Anamnese des Diabetespatienten, die Blutzuckereinstellung spielt dabei eine große Rolle. Untersucht werden die Sehschärfe und der Augeninnendruck, der vordere Bereich des Auges sowie der Augenhintergrund mittels Spaltlampe und Augenspiegel. Manchmal sind weitere Untersuchungsmethoden notwendig, zum Beispiel die Fluoreszenzangiographie. Um die Schäden durch den Diabetes sichtbar zu machen, wird dem Patienten ein fluoreszierender Farbstoff gespritzt. So gelangt das Mittel in alle Gefäße des Körpers. Wenn es die Netzhaut- und Aderhautgefäße des Auges passiert, machen Aufnahmen einer Spezialkamera die Durchblutung der Netzhaut sichtbar.
Die Therapie einer diabetischen Retinopathie
„Ein konsequent gut eingestellter Blutzucker ist die beste Möglichkeit, die diabetische Retinopathie so lange wie möglich hinauszuzögern. Eckpfeiler von Prävention und Therapie sind darüber hinaus Blutfettwerte im Normbereich, Rauchstopp,
Bewegung und ausgewogene Ernährung“
OA Dr. Horst Fischer
Abteilung für Augenheilkunde und Optometrie
am Klinikum Wels-Grieskirchen
„Im fortgeschrittenen Stadium zählen die Injektion von Medikamenten in das Auge, Verödungen durch Laserbehandlung oder eine operative Entfernung des Glaskörpers zu den möglichen Behandlungsoptionen.“ Seit Anfang Oktober 2018 wird die intravitreale medikamentöse Behandlung (Injektionen ins Auge) der Patienten mit Netzhauterkrankungen im neu etablierten modernen IVOM-Zentrum direkt am Klinikum-Standort Wels durchgeführt. Entscheidender Vorteil für die Patienten: Aufnahme, Voruntersuchungen, Injektionsbehandlung und Entlassung finden an einem zentralen Ort statt. Im Klinikum Wels-Grieskirchen werden derzeit ca. 8.000 intravitreale operative Medikamenteneingaben durchgeführt.
Weiterführende Informationen
Formen der diabetischen Retinopathie
Es gibt milde und schwere Formen der diabetischen Retinopathie. Grob unterschieden werden:
- Nicht proliferative diabetische Retinopathie: Es kommt zu Veränderungen der Gefäße, kleinen Blutungen und Ablagerungen in der Netzhaut .Oft wird die Erkrankung lange nicht bemerkt.
- Proliferative diabetische Retinopathie: Die Schädigung der Netzhaut schreitet fort. Gefäße wachsen in den Glaskörper ein, es kommt zu größeren Blutungen sowie schrumpfenden Vernarbungen, welche nun das Sehvermögen einschränken. Eine auftretende Netzhautablösung muss unbedingt behandelt werden, weil sie zur Erblindung führen kann.
- Diabetische Makulopathie: In allen Krankheitsphasen kann es zu einer Schwellung der Makula kommen (Makulaödem), wobei es früh zu einer Sehverschlechterung kommen kann.
Das ist wichtig in der Therapie:
- Blutzucker und Blutdruck gut einstellen: HbA1C-Wert unter 7,0, Blutdruck unter 130/80
- Blutfettwerte kontrollieren
- nicht Rauchen
- ausreichend Bewegung
- Anti-VEGF-Injektionen in den Glaskörper hemmen das Wachstum neuer Gefäße
- Netzhautlaser führt zur besseren Durchblutung der funktionellen Bereiche
Allgemeine Empfehlungen für Patienten mit Diabetes mellitus
- bei Typ-I-Diabetes: Kontrolle ab dem fünften Erkrankungsjahr und bei Kindern ab dem elftem Lebensjahr alle zwölf Monate
- bei Typ-II-Diabetes: bei Diagnose sofort zum Augenarzt, dann jährliche Kontrolle
- besteht bereits eine diabetische Retinopathie: Kontrolle alle drei Monate oder je nach Ermessen des Augenarztes
- bei Kinderwunsch: vorher zum Augenarzt
- bei Eintritt einer Schwangerschaft: Kontrolle beim Augenarzt sofort und dann alle drei Monate
- bei Gestationsdiabetes keine Kontrolle nötig