Die warme Jahreszeit ist Zeckenzeit
Einerseits laden die wärmer werdenden Temperaturen ins Freie ein, andererseits heißt es nun wieder ein verstärktes Augenmerk auf Zecken zu legen. Die kleinen Krabbeltiere gelten nicht ohne Grund als unbeliebt, zeichnen sie doch für immerhin zwei Infektionen, die im schlimmsten Fall einen fatalen Verlauf nehmen, verantwortlich: die Frühsommer-Meningoencephalitis (FSME) und Borreliose. Beide können lebensgefährlich verlaufen. Neurologen und Mikrobiologen raten zum Schutz vor durch Zecken übertragene Infektionen, zur FSME-Impfung und der Kontrolle von Stichen.
Biologisch gesehen zählen die Zecken zu den Spinnentieren, genauer zu den Milben. Menschlich gesehen zählen sie eher zu den Untieren. Zwar sind sie selbst nicht giftig, doch Überträger gefährlicher Krankheitserreger. So kann ein an und für sich harmloser Stich für Menschen zum Gesundheitsrisiko werden. Die richtige „Zeckenvorsorge“ sowie der korrekte Umgang mit Stichen zählen daher zu sehr wichtigen Verhaltensregeln in der Freiluftsaison.
FSME – Nur die Impfung schützt
Bei der Frühsommer-Meningoencephalitis, kurz FSME, handelt es sich um eine gefährliche Viruserkrankung, die in europäischen Ländern vor allem von Februar bis November durch Zecken übertragen werden kann. Nach dem Ausbruch der Krankheit verläuft diese in zwei Phasen. Nach den klassischen Anzeichen eines Infekts, wie Fieber, Kopfschmerzen, Müdigkeit, Husten und Schnupfen, tritt nach einigen Tagen ohne Beschwerden schließlich eine Gehirnhautentzündung mit Fieber, steifem Nacken, Überempfindlichkeit gegen Licht und Übelkeit auf. Oft kommt es zu einer gefährlichen Beteiligung des Gehirns, des Rückenmarks und der Nervenwurzeln. Die FSME selbst kann nicht behandelt werden, aber ihre Symptome. Einzig wirksamer Schutz gegen die Erkrankung ist die Impfung. „Auch wenn die Grundimmunisierung schon vor langer Zeit erfolgt ist, genügt eine Auffrischungsimpfung, um einen ausreichenden Schutz aufzubauen“, erklärt Rainer Gattringer, Leiter des Instituts für Hygiene und Mikrobiologie, Infektiologie und Tropenmedizin am Klinikum Wels-Grieskirchen.
„Die empfohlenen Auffrischungsintervalle liegen bei fünf Jahren bei unter 60-Jährigen und allen drei Jahren bei über 60-Jährigen.“
Prim. Priv.-Doz. Dr. Rainer Gattringer
Leiter des Instituts für Hygiene und Mikrobiologie, Infektiologie und Tropenmedizin
am Klinikum Wels-Grieskirchen
Multisystemerkrankung Borreliose
Die zweite durch infizierte Zecken ausgelöste Erkrankung ist Borreliose, eine bakterielle Infektion. Schätzungen zufolge gibt es jährlich in Österreich ca. 16.000 bis 70.000 Fälle von Borreliose. Rund ein Drittel der heimischen Zecken ist Träger von Borrelien. Je länger die Zecke saugt, desto höher ist die Übertragungswahrscheinlichkeit. Jedoch führt nicht jeder Stich zu einer Ansteckung. Im Falle einer Erkrankung sind meist mehrere Körpersysteme betroffen – Haut, Nervensystem, Gelenke und Herz. Borreliose kann zu weiteren schweren Erkrankungen, wie Gelenksentzündungen, schmerzhaften Infektionen der Nervenwurzeln, Gehirnhautentzündung und Lähmungen führen.
Typisches Anzeichen für eine Ansteckung mit Borrelien ist die sogenannte „Wanderröte“ (Erythema migrans), ein roter Ring rund um den Zeckenstich, der sich kreisförmig von der Stichstelle ausbreitet. Auch Fieber, Kopf- und Muskelschmerzen, Bindehautentzündungen und Lymphknotenschwellungen sind Anzeichen. Unbehandelt kann es – auch ohne vorangegangene „Wanderröte“ – zu einer akuten Neuroborreliose mit oft nächtlich betonten, unzureichend auf herkömmliche Schmerzmittel ansprechenden Schmerzen im Kopf-, Nacken- und Rückenbereich und einer Ausstrahlung in Arme oder Beine, Herzmuskel- oder Gelenksentzündungen und langfristig auch zu Hautschädigungen und chronischer Arthritis kommen.
„Die akute Neuroborreliose kann in Endemiegebieten wie Oberösterreich nicht allein durch eine Blutuntersuchung diagnostiziert werden, da die Durchseuchungsrate in der Bevölkerung hoch ist“, so Raffi Topakian, Leiter der Abteilung für Neurologie am Klinikum Wels-Grieskirchen. „Bei neurologischen Symptomen ist in der Regel ein Kreuzstich zu empfehlen, der die Diagnose nahezu immer sichern oder ausschließen lässt. Selbst eine spät diagnostizierte Neuroborreliose heilt nach adäquater antibiotischer Therapie meist folgenlos aus.“ Der Übertragungsweg Mensch zu Mensch ist bei Borreliose nicht möglich. Eine Schutzimpfung gibt es nicht.
„Die akute Neuroborreliose kann in Endemiegebieten wie Oberösterreich nicht allein durch eine Blutuntersuchung diagnostiziert werden, da die Durchseuchungsrate in der Bevölkerung hoch ist“
Prim. Priv.-Doz. Dr. Raffi Topakian
Leiter der Abteilung für Neurologie
am Klinikum Wels-Grieskirchen
Was tun, wenn’s passiert ist?
Zeckenstiche sollte generell durch das Tragen von langer Kleidung, Verwendung von Insektenschutzmitteln sowie Körperuntersuchungen nach dem Aufenthalt in der Natur vermieden werden. Auch freilaufende Haustiere beherbergen oftmals Zecken in ihrem Fell, welche auf den Menschen übertragen werden können. Im Fall eines Stiches muss die Zecke möglichst schnell entfernt werden. Wunde unbedingt sofort desinfizieren und für einige Wochen beobachten! Treten nach einem Zeckenbiss Beschwerden, wie etwa Fieber, Kopf- oder Muskelschmerzen oder eine Rötung der Haut auf, soll ein Arzt für Allgemeinmedizin zu Rate gezogen werden.
So schützen Sie sich vor Zecken:
- Hautbedeckende Kleidung: lange Kleidung, Hosenbeine in die Schuhe stecken
- Repellens (Wirkstoff, der zum Beispiel blutsaugende, krankheitsübertragende Stechmücken, Bremsen oder Zecken vor allem von Mensch und Tier fernhält)
- Nach einem Aufenthalt im Freien: Kontrolle der Haut
- Schauen Sie genau! Im Anfangsstadium können die Zecken noch sehr klein sein.
- Waschen Sie Ihre Kleidung mit mindestens 60° C!
- Festgesaugte Zecken so rasch wie möglich zur Gänze entfernen!
- Stichstelle desinfizieren und über mehrere Wochen kontrollieren!
- Bei Wanderröte unbedingt den Hausarzt aufsuchen!
Tipp: Eine anfängliche Rötung an der Bissstelle ist normal. Besteht der Verdacht einer Wanderröte, informieren Sie bitte Ihren Hausarzt! Eine Borreliose-Erkrankung wird hauptsächlich über das Vorliegen der typischen Symptome diagnostiziert. Die Therapie erfolgt über eine Behandlung mit Antibiotika.