Mehr als nur dick
Eine mutige Politik, die im Kampf gegen Adipositas aktiv wird, bessere Versorgung und mehr Respekt für übergewichtige Menschen, so lauten die Forderungen im Rahmen des Weltadipositastags 2022. Initiiert wird der Awareness‐Tag jährlich am 4. März von der World Obesity Federation in Zusammenarbeit mit seinen weltweiten Mitgliedern. An Adipositas zu leiden, bedeutet für Betroffene nicht einfach nur, dick, sondern vor allem auch chronisch krank zu sein. In der Therapie erfordern chronische Erkrankungen die Expertise von Spezialisten. Diese finden Betroffene am Adipositaszentrum des Klinikum Wels‐Grieskirchen.
„Fettleibigkeit wird zu einem ernsthaften Problem“, warnt Jarjoura Eid, Leiter des Adipositaszentrums am Klinikum Wels‐Grieskirchen.
"Die Lebensqualität ist für adipöse Menschen stark eingeschränkt, das Risiko für gefährliche Folgeerkrankungen extrem hoch.“
OA Dr. Jarjoura Eid
Leiter des Adipositaszentrums
am Klinikum Wels‐Grieskirchen
Adipositas ist als chronische Erkrankung anerkannt. Eid erklärt, was dahintersteckt: „Prinzipiell lagert der Körper Fett ein, wenn über einen längeren Zeitraum mehr Energie zugeführt als verbraucht werden. Die Energiebalance wird aber beeinflusst von Ernährungs‐ und Bewegungsverhalten, Medikamenten, Schlafgewohnheiten, psychischem Druck und Stress. Auch die Genetik, Hormonhaushalt und Umweltfaktoren spielen eine Rolle, ob Übergewicht in krankhaftem Ausmaß angelegt wird oder nicht – somit haben nicht alle Menschen die gleiche Veranlagung, krankhaft übergewichtig zu werden.“
Schwierige Bedingungen
Die Bedingungen, unter welchen Körperfett reduziert werden kann, sind für adipöse Menschen oftmals erschwert – zum Beispiel bei einer hormonellen Störung des Hunger‐ und Sättigungsgefühls, welche im Rahmen dieser Erkrankung typischerweise vorkommen kann.
„Klassische Maßnahmen zur Gewichtsreduktion, wie gesündere Ernährung und mehr Sport, zeigen dann langfristig nicht die erwünschte Wirkung“, erklärt der Zentrumsleiter. „Ab einem Body Mass Index (BMI) von 40 bzw. von 35 mit bestehender Begleiterkrankung, etwa Bluthochdruck, Diabetes oder Schlafapnoe, wird laut geltender Richtlinien eine bariatrische Operation empfohlen.“
Am Adipositaszentrum Wels werden Betroffene vom Erstgespräch bis zur Nachsorge umfassend betreut, unter anderem durch Experten der Inneren Medizin, Diätologie, Psychologie und der bariatrischen Chirurgie.
Chirurgische Therapieoptionen
Die verschiedenen Operationstechniken werden grundsätzlich laparoskopisch, in der sogenannten Schlüssellochtechnik, durchgeführt. „Die Operationstechniken lassen sich in zwei Gruppen einteilen: Einerseits wird durch eine operative Verkleinerung des Magens eine frühere Sättigung erreicht, wodurch weniger Nahrung und somit auch weniger Kalorien aufgenommen werden. Andererseits werden durch eine zusätzliche Verkürzung der Verdauungsstrecke im Dünndarm die zugeführten Kalorien nur mehr vermindert aufgenommen“, so Eid.
Er ist einer der drei Spezialisten für Adipositaschirurgie am Klinikum. Mit über 20 Jahren Erfahrung und mehr als 2.000 Eingriffen ist das zertifizierte Kompetenzzentrum für Adipositas‐ und Metabolische Chirurgie am Klinikum Wels‐Grieskirchen führend in Oberösterreich und zählt zu den Top drei Adipositaszentren in Österreich.
Bereit für Veränderung
Für Wolfgang See war die Operation die richtige Entscheidung. „Ich habe immer gerne gegessen und war bereits im Kindesalter übergewichtig. 17 Jahre lang habe ich mit einem Magenband gute Erfolge erzielt, als es entfernt werden musste, habe ich mich persönlich für einen Magenbypass entschieden“, so der 55‐jährige Abfall‐ und Gefahrgutbeauftragter des Klinikums. „So habe ich in den letzten drei Jahren nochmals 50 Kilo abgenommen."
Nach dem Eingriff hat mir vor allem die Begleitung durch die Diätologinnen und das medizinische Bewegungstraining sehr geholfen.
Der Welser empfindet die OP als wichtigen Schritt und große Hilfe: „Man muss allerdings auch im Kopf bereit sein für diese Veränderung. Heute kann ich essen, was mir schmeckt – weil ich auf meine Ernährung achte und körperlich trainiere. Das mache ich für mein Wohlbefinden. Motivation bekomme ich auch, indem ich mir Ziele setze: Im Mai nehme ich am Wings for Life World Run in München teil.“ Jährlich werden in Wels über 200 dieser Operationen durchgeführt. Patienten, die sich nach intensiver Beratung für einen operativen Eingriff entscheiden, werden langfristig begleitet.
Eine engmaschige, regelmäßige Nachsorge durch ein Team von Spezialisten inklusive Ernährungsberatung soll Langzeiterfolge sicherstellen – dabei unterstützen auch die speziell entwickelten Infofolder, Ernährungsbroschüren und der Klinikum‐Nachsorgepass.
Eine engmaschige, regelmäßige Nachsorge durch ein Team von Spezialisten inklusive Ernährungsberatung soll Langzeiterfolge sicherstellen – dabei unterstützen auch die speziell entwickelten Infofolder, Ernährungsbroschüren und der Klinikum‐Nachsorgepass.
Weltadipositastag – Nehmen Sie online teil!
Anlässlich des Weltadipositastags am 4. März 2022 sprechen Experten an der Med Uni Wien unter anderem über neue Therapieoptionen zur Gewichtsreduktion, den Einfluss der Hormone auf die Erkrankung und COVID‐19 bei Adipositas. Betroffene haben die Möglichkeit, Erfahrungsberichte und neue Fragen einzubringen. Das Livestreaming kann am 4. März 2022 ab 17:00 Uhr unter diesem Link verfolgt werden: www.meduniwien.ac.at/adipositastag
Weiterführende Informationen
Adipositas nimmt zu
Weltweit leben heute 800 Millionen Menschen mit Adipositas. Laut WHO‐Definition gelten 18 Prozent der Männer und 15 Prozent der Frauen als krankhaft fettleibig. Umgelegt auf Österreich besagen diese Zahlen, dass aktuell rund 660.000 Männer und 580.000 Frauen von Adipositas betroffen sind. Die Tendenz ist steigend. Aufgrund der zahlreichen Folgeerkrankungen führt die Weltgesundheitsorganisation Fettleibigkeit als das weltweit am stärksten wachsende Gesundheitsrisiko an.
Wegbereiter für Herzinfarkt, Diabetes und Krebs
Adipositas ist eine komplexe Stoffwechselerkrankung, die eine Reihe ernster Folgeerkrankungen, wie etwa Herzinfarkt, Schlaganfall, Diabetes oder Krebs, nach sich ziehen kann. Vorweg können Arteriosklerose, Fettleber, Reflux, Schlafapnoe, Gicht, Gallensteine und Gelenkserkrankungen sowie Asthma auftreten. Hormonelle Störungen können bei Frauen zu Komplikationen in der Schwangerschaft und bei Männern zu einer Einschränkung der Fruchtbarkeit führen. Auch gilt Übergewicht als Risikofaktor für die Entstehung von Brust‐, Dickdarm‐, Gebärmutter‐ und Nierenkrebs.
Risiko für Folgeerkrankungen durch Corona noch deutlicher
Menschen mit krankhaftem Übergewicht haben im Falle einer COVID‐19‐Erkrankung ein doppelt so hohes Risiko für einen schweren Verlauf, welcher einen stationären Krankenhausaufenthalt erfordert. Auch das Erfordernis einer künstlichen Beatmung wird wahrscheinlicher, wie eine aktuelle US‐Studie* zeigt. Als Ursachen werden die chronischen Entzündungsreaktionen im inneren Fettgewebe sowie die durch das starke Fettvolumen eingeschränkte Lungenfunktion angenommen.
Stand: Februar 2022