Blutdepot

Optimale individuelle Versorgung mit Blutprodukten

Ob durch einen Unfall, eine geplante Operationen oder eine Geburt – bei hohem Blutverlust sind Patienten auf eine manchmal sogar lebensrettende Blutversorgung angewiesen. Wurde früher eher großzügig Fremdblut verabreicht, gibt es seit längerer Zeit schon einen klaren Paradigmenwechsel in der Verwendung von Blut als Arzneimittel. Dieser ist gekennzeichnet durch eine nachhaltige Bewusstseinsbildung, ob und wann Blutprodukte eingesetzt werden. Oberste Prämisse des „Patient Blood Managements (PBM)“ in Gesundheitseinrichtungen ist heute ein patientenorientiertes, leitlinienkonformes und ganzheitliches Behandlungskonzept mit Blutprodukten. Unter dem Motto „So viel wie notwendig, so wenig wie möglich“ soll das Arzneimittel Blut nur noch dort eingesetzt werden, wo keine wirksamen therapeutischen Maßnahmen ohne Blutkomponenten zur Verfügung stehen.

 

Zu Blutprodukten zählen zum Beispiel Erythrozytenkonzentrate, Thrombozytenkonzentrate oder Blutplasma. In zwei österreichischen Studien wurde der aktuelle Standard der Transfusionspraxis in sogenannten blutverbrauchenden Krankenanstalten erhoben. „Es zeigte sich, dass ein wesentlicher Prozentsatz der Patienten vor einer langfristig geplanten Operation eine Anämie aufwies“, weist Gertraud Wallner-Holter, Oberärztin der medizinischen und chemischen Labordiagnostik am Klinikum Wels-Grieskirchen und Leiterin der Transfusionskommission des Klinikums hin. „Diese Gruppe erhielt während bzw. nach dem Eingriff signifikant mehr Transfusionen als Patienten mit normalem Blutbild.“ Nach internationalem Vorbild und nationalen Empfehlungen adaptierte das Klinikum Wels-Grieskirchen seine diesbezüglichen Standards. „Um die Verabreichung von Fremdblut auf den individuellen Bedarf des Patienten anzupassen, orientieren wir uns am Drei-Säulen-Modell des PBM-Qualitätsstandards. Dieses zielt auf erwachsene Patienten ab, die sich einem geplanten, blutungsriskanten Eingriff unterziehen“, so Wolfgang Scheidl, Anästhesist, Intensivmediziner und Mitglied der Transfusionskommission am Klinikum Wels-Grieskirchen.

 

OA Dr. Scheidl Wolfgang

„Primäres Ziel unseres Patient Blood Managements ist eine patientenorientierte, leitlinienkonforme Therapie mit dem Ziel, den Behandlungserfolg unserer Patienten weiter zu optimieren – und nicht vordergründig die Reduktion von Transfusionszahlen“

OA Dr. Wolfgang Scheidl 
Anästehesist, Intensivmediziner und Mitglied der Transfusionskommission
am Klinikum Wels-Grieskirchen

 

3 Säulen für einen bedarfsgerechten Einsatz von Blutkomponenten

Bei planbaren Eingriffen wird eine eventuell vorhandene Anämie des Patienten vorab festgestellt und wenn möglich gezielt behandelt. Während der Operation wird der Blutverlust auf ein Minimum reduziert bzw. werden Möglichkeiten, das verlorene Blut zurückzuführen, ausgeschöpft. Durch die maschinelle Autotransfusion wird während des Eingriffs patienteneigenes Wundblut aufgefangen, gewaschen und in den Körper zurückgeleitet, so kann starker Blutverlust gemildert werden und der Bedarf an Fremdblutkonserven lässt sich signifikant reduzieren", so Scheidl. Nach der Operation wird der Schwellenwert zur Anämie für jeden Patienten individuell ausgelotet und zum Beispiel durch eine Volumenersatztherapie mit Elektrolytlösungen oder die intravenöse Verabreichung von Eisen erhöht.

 

Gertraud Wallner-Holter

 

„Produkte mit Blutkomponenten sind sehr wichtige und sichere Arzneimittel. Nun wird allerdings der Fokus verstärkt nicht nur auf Produktsicherheit, sondern auf den Patienten selbst und seine Bedürfnisse gelegt.“

OÄ Dr. Gertraud Wallner-Holter
Oberärztin der medizinischen und chemischen Labordiagnostik, 
leitet die Transfusionskommission 
am Klinikum Wels-Grieskirchen

Was sind Blutprodukte?

Weiterführende Informationen

Bis dato können in der Humanmedizin eingesetzte Blutprodukte ausschließlich aus menschlichem Blut gewonnen werden. Jeder Blutspender leistet somit einen großen Beitrag zur Gesundheit der Bevölkerung und kann dadurch unter Umständen sogar ein Leben retten. Aus Spenderblut gewonnenes Blut und Blutprodukte unterliegen dem Arzneimittelgesetz. Ihre Aufbereitung, Lagerung und Verabreichung unterliegen strengsten Vorgaben und Kontrollen nach einer Reihe von Rechtsvorschriften nationalen und EU-spezifischen Rechts. Trotz höchster Sicherheitsmaßnahmen kann in ihrer Verabreichung ein Restrisiko hinsichtlich Unverträglichkeiten und Übertragung von Infektionskrankheiten grundsätzlich nicht ausgeschlossen werden.

Wann werden Blutprodukte verwendet?

Blutprodukte kommen bei starkem Blutverlust nach Unfällen und Operationen oder aber auch im Rahmen von Krebstherapien zum Einsatz. Bis es soweit ist, werden Erythrozyten- und Thrombozytenkonzentrate sowie das Plasma im Blutdepot des Krankenhauses gelagert. Bevor ein Patient mit Blutprodukten behandelt wird, werden am Klinikum Wels-Grieskirchen nach den Standards des Patient Blood Managements alle Möglichkeiten zur Behandlung ohne die Verwendung von Fremdblut ausgelotet.

Was ist Patient Blood Management (PBM)?

PBM ist ein interdisziplinäres evidenzbasiertes Arbeitsmodell. Ziel ist, Patienten so gut wie möglich unter Erhaltung des Eigenblutes ohne Blutprodukte zu behandeln. PBM-Programme haben zum Ziel, den Behandlungserfolg zu verbessern sowie die Anzahl der Transfusionen und somit auch die Kosten als Begleiterscheinung zu reduzieren. Die positiven Ergebnisse spiegeln sich in einer deutlichen Reduzierung der Erkrankungen, der Sterblichkeit und Krankenhausaufenthaltsdauer nach Transfusionen wider.

Das 3-Säulen-Modell des PBM

Nach internationalen Empfehlungen sollen in Gesundheitseinrichtungen Programme zum Patient Blood Management basierend auf einem Drei-Säulen-Modell Fachgebiete übergreifend in vielerlei Hinsicht implementiert werden.
1. Säule: Optimierung der Anzahl der Roten Blutkörperchen (hinsichtlich Hämoglobin und Eisenspeicher)
2. Säule: Minimierung des intraoperativen Blutverlustes durch das Einziehen von Standards. Eigenblut kann zum Beispiel während der Operation aufgefangen und rückgeleitet werden.
3. Säule: den individuellen Schwellenwert zur Anämie des einzelnen Patienten herauszufinden