Unverzichtbare Intensivpflege
Nicht nur in der Versorgung von Coronapatienten mit schwerem Verlauf – zu jeder Zeit sind Pflegekräfte Schlüsselpositionen in den interprofessionellen Teams der Intensivstationen. In einem zunehmend technisierten und komplexen Arbeitsumfeld zählen herausfordernde Gesundheitssituationen von kritisch kranken Menschen, aber auch die empathiebetonte Interaktion mit Angehörigen zu ihren Hauptaufgaben. Günther Zellinger, Bereichsleiter der Internen Intensivstation sowie der Respiratory Care Unit (RCU) und der Überwachungseinheit (IMCU) der Inneren Medizin II am Klinikum Wels-Grieskirchen, gibt Einblicke in den facettenreichen Arbeitsalltag der Intensivpflege.
„Intensivpflegekräfte benötigen heute einen Mix aus fachlicher und sozialer Kompetenz, um der ständig steigenden Komplexität und auch dem allumfassenden werteorientierten Anspruch der Intensivpflege Rechnung zu tragen“, so Zellinger.
Fachkompetenz und technisches Know-how notwendig
„Wir arbeiten im Schichtdienst, um Tag und Nacht eine ausreichende Besetzung zu gewährleisten. So können wir Patienten mit akut lebensbedrohlichen Erkrankungen ununterbrochen überwachen, pflegen und behandeln“, erklärt der leitende Intensivpfleger. Das Pflegepersonal von Intensivstationen zählt zu jenen Berufsgruppen im Krankenhaus, welche hohen Anforderungen ausgesetzt sind. Um diese Intensivüberwachung und -therapie durchführen zu können, sind spezialisiertes Know-how sowie ein sicherer Umgang mit einer Vielzahl an hochkomplexen medizinischen Geräten unumgänglich.
„Wir überwachen Herzfunktion, Blutdruck, Körpertemperatur und Sauerstoffgehalt im Blut des Patienten nonstop. Die Abstimmung und Zusammenarbeit zwischen den Berufsgruppen erfolgen engmaschig. Verschlechtert sich die Gesundheitssituation des Patienten, reagieren wir umgehend, um den Patienten zu stabilisieren.“
Günther Zellinger
Bereichsleiter Interne Intensivstation, RCU und IMCU
Technikaffinität gefragt
Auf der Intensivstation ist jeder Bettenplatz mit einer Grundausstattung an Geräten bestückt. „Jeder Patient wird zusätzlich zur klinischen Überwachung durch die betreuenden Personen auch ständig durch einen Monitor überwacht, welcher neben der Herzfrequenz und dem Blutdruck weitere Werte aufzeichnet“, erklärt Zellinger. „Dazu zählen unter anderem das Elektrokardiogramm zur Überwachung der Herzströme und das Pulsoxymeter zur Kontrolle der Sauerstoffsättigung.“ Bei manchen Intensivpatienten ist es notwendig, die Eigenatmung durch ein Beatmungsgerät zu unterstützen oder die Nahrungsaufnahme auf künstliche Weise sicherzustellen. Ist die Arbeit der Nieren eingeschränkt, muss durch Dialyse die Entgiftung übernommen werden. In kritischen Fällen kann es auch notwendig sein, einen Schwerkranken in künstlichen Tiefschlaf zu versetzen. Ein weiteres Beispiel für eine spezielle Behandlung auf einer Intensivstation ist die Hypothermie. Bei dieser Therapieform wird die Körpertemperatur eines Patienten auf bis zu 32 Grad Celsius reduziert. Studien belegen, dass damit die körperlichen Auswirkungen zum Beispiel aufgrund einer Wiederbelebung nach einem Herzstillstand positiv beeinflusst werden.
Mensch im Mittelpunkt
Auf der Intensivstation werden Patienten nach besten wissenschaftlichen, aber auch ethischen und moralischen Grundsätzen behandelt. „Trotz der Konzentration auf die Versorgung steht für uns der Patient immer als Mensch im Zentrum. Wir versuchen, auf ihn als Persönlichkeit einzugehen und auch seine seelischen Bedürfnisse zu erfüllen. Durch einen wertschätzenden Umgang und ermutigende Gespräche möchten wir einen wesentlichen Teil zur Rückkehr in ein selbstbestimmtes Leben nach der Intensivstation beitragen. Dennoch leben wir tagtäglich mit dem Wissen, dass trotz aller Bemühungen und modernster Medizin der Behandlungserfolg im Wesentlichen von der Schwere der Erkrankung abhängt. Daher ist es uns manchmal nicht möglich, den Zustand des Patienten zu verbessern oder sein Leben zu retten. Wird ein nahestehender Mensch auf der Intensivstation versorgt, stellt dies auch für Angehörige eine belastende Situation dar. „Angehörige können am besten helfen, wenn sie selbst gesund und ausgeglichen bleiben. Sie sollten ausreichend schlafen, sich ausgewogen ernähren und versuchen, Erholungsphasen für sich selbst zu schaffen. Wir vermitteln auch gerne Hilfestellungen durch die Krankenhausseelsorge, die Klinische Psychologie oder die Sozialdienste unseres Krankenhauses.“ So übernehmen Intensivpflegekräfte auch psychosoziale und vermittelnde Aufgaben für Nahestehende des Patienten. Die Nähe von Angehörigen kann den Heilungsprozess positiv beeinflussen. „Die Kontaktaufnahme mit dem Patienten ist im Normalfall besonders gut über die Sinnesbereiche möglich“, so der Bereichsleiter. „Vertraute Berührungen, Geräusche und Stimmen werden selbst dann erkannt, wenn darauf keine direkte Reaktion erfolgt.“
Sonderausbildung Intensivpflege
An das allgemeine Studium der Gesundheits- und Krankenpflege, welches zum Beispiel an der FH Gesundheit direkt am Campus des Klinikum Wels-Grieskirchen absolviert werden kann, schließt innerhalb von fünf Jahren der einjährige Weiterbildungslehrgang zum akademischen Experten in der Intensivpflege an. Zu den wesentlichen Eigenschaften und Fähigkeiten für Intensivpflegepersonen zählen technisches Verständnis und Interesse für die Verwendung von medizinischen Geräten. Voraussetzung sind Organisationstalent, Teamfähigkeit sowie hohe Belastbarkeit in körperlicher als auch psychischer Hinsicht. „Und es ist auch wichtig, dass man das Erlebte im Krankenhaus lässt“, unterstreicht Zellinger. Ausschlaggebend sind ferner eine gute Beobachtungsgabe und die Kompetenz, Situationen richtig einschätzen können sowie in Stresssituationen entscheidungsfähig zu bleiben. Angebote zur kontinuierlichen Weiterentwicklung ermöglicht es Pflegepersonen, stets auf dem neuesten Wissenstand zu bleiben.