Revolutionäre Schritte der Chirurgie
Chirurgische Eingriffe können bereits aus der Steinzeit nachgewiesen werden, auch gibt es Belege für Neandertaler, welche Armamputationen überlebten. Doch erst durch die Errungenschaften von Hygiene und Anästhesie konnte die Chirurgie ihren Siegeszug antreten – und entwickelt sich seither konstant weiter. Walter Schauer, Leiter der Abteilung für Chirurgie II Viszeralchirurgie am Klinikum Wels‐Grieskirchen, gibt im Interview Einblicke in Tradition, Laparoskopie, Roboterchirurgie und mehr.
Am Klinikum Wels‐Grieskirchen umfasst das Leistungsspektrum der Abteilung für Chirurgie II Viszeralchirurgie die operative Behandlung sämtlicher Erkrankungen der Bauchhöhle, der Schilddrüse, von Varizen und Hernien. Zu den Spezialgebieten zählen die Onkologie sowie Eingriffe gegen krankhaftes Übergewicht.
Mit dem ersten Interdisziplinären Zentrum für Robotische Medizin gilt das Klinikum Wels-Grieskirchen in Oberösterreich als Vorreiter der roboterassistierten Medizin.
Herr Prim. Schauer, werfen wir einen Blick in die Geschichte: In welchem Zeitalter finden wir die Wurzeln der Chirurgie? Was hat sich seitdem grundlegend verändert?
Die Geschichte der Chirurgie reicht weit zurück. Zum Beispiel gibt es durch Skelettfunde Hinweise für geglückte Schädeleröffnungen aus einer Zeit vor 12.000 Jahren. Im Mittelalter wurden vor allem Wunden, Abszesse und Zahnerkrankungen operativ behandelt. Entscheidend für die Entwicklung der Chirurgie war dann die Entdeckung der Mikroben durch Pasteur und Koch und die Etablierung der Keimfreiheit als Grundlage operativer Maßnahmen. Ein weiterer Booster war die Verwendung von Äther als Narkose im Jahr 1846. Der Start der Laparoskopie geht auf den Anfang des 20. Jahrhunderts zurück: Durch das Füllen des Bauchraums mit Luft wurde ein inneres Sichtfeld vorerst allein zu diagnostischen Zwecken geschaffen. Erst in den Achtzigerjahren setze sich die minimalinvasive Chirurgie im Bauchraum durch.
Aus heutiger Sicht – was sind die Vorteile der Schlüssellochchirurgie?
Die Vorteile sind ganz klar die schnellere Genesung, weniger Zugangstrauma und geringerer Blutverlust, insgesamt eine Reduktion der Schmerzen, bessere Kosmetik und weniger Weichteilbrüche.
MR Prim. Dr. Walter Schauer, PMPH
Leiter der Abteilung für Chirurgie II Viszeralchirurgie
Seit wann kommt die Roboterchirurgie in der Allgemeinchirurgie am Klinikum zum Einsatz?
Bereits seit 2013. In der allgemeinen Chirurgie stellen roboterassistierte Eingriffe eine Weiterentwicklung der minimalinvasiven Technik dar. Vorteilhaft ist der Einsatz des Da‐Vinci‐Roboters vor allem in Grenzbereichen, wo wenig Platz ist, zum Beispiel in der Rektumchirurgie. Um sich im Operationsgebiet optimal zurechtzufinden, erhält der Chirurg 3D‐Aufnahmen aus dem Körper in HD. Bei Eingriffen mit wenig anatomisch bedingtem Spielraum kommt uns die innovative Technologie mit den abwinkelbaren Instrumenten und den sieben Freiheitsgraden der Operationswerkzeuge sehr entgegen. Durch das Plus an Beweglichkeit sind auch in sonst schwer erreichbaren Körperbereichen absolut präzise, gewebeschonende, nerv‐ und funktionserhaltende Schnitte möglich. Die Entwicklung der Technik hat für die Chirurgie gesamt viele Vorteile gebracht: Heute können wir in Wels maßgeschneiderte Chirurgie für unsere Patienten anbieten, etwa in der Pankreaschirurgie oder bei Mastdarmkrebs.
Wie werden die Chirurgen dafür ausgebildet?
Es finden mehrere Trainingskurse im In‐ und Ausland statt. Auch steht ein rein digitales Training mit dem Roboterprogramm – ähnlich einem Computerspiel – zur Verfügung. Gearbeitet wird in der Übungsphase mit einem Trainingsmodell des Roboters. Erste Operationen erfolgen dann im Beisein eines erfahrenen auswärtigen Roboter‐Chirurgen und Ausbildner.
Eigentlich sprechen wir von roboterassistierter Chirurgie. Wird auch die Chirurgie durch autonome Roboter kommen?
Dabei handelt es sich derzeit noch um eine reine Zukunftsvision.
Was macht die Chirurgie am Klinikum Wels‐Grieskirchen zu etwas Besonderem?
Unser Team verfügt bereits über lange Erfahrung in der Roboterchirurgie. So gelingen uns hochpräzise und schonende Diagnostik und Therapie. Das wird durch innovative Technologien, umfassendes Know‐how und fächerübergreifende Zusammenarbeit möglich gemacht: Am Klinikum werden bereits mehr als 600 Eingriffe und Untersuchungen jährlich roboterassistiert durchgeführt. Gesundes Gewebe wird dabei geschont, der Heilungsprozess verkürzt – so profitieren Patienten von den modernen Behandlungsmethoden. Auch wirkt sich die roboterassistierte Technologie in der Medizin ressourcenschonend aus – so kann der Chirurg während der Operation durch die robotische Unterstützung länger konzentriert und leistungsfähig bleiben. Wels gilt in Oberösterreich als Vorreiter in der roboterassistierten Medizin. Als einer der wenigen Standorte bietet das Klinikum die Roboterchirurgie fächerübergreifend im Zentrum für Robotische Medizin an. In den Disziplinen Chirurgie, Gynäkologie und Urologie kommt die Technologie regelmäßig zur Anwendung. Hand in Hand arbeiten wir daran, unseren Patienten optimal zu helfen.
Am Klinikum Wels-Grieskirchen umfasst das Leistungsspektrum der Abteilung für Chirurgie II Viszeralchirurgie die operative Behandlung sämtlicher Erkrankungen der Bauchhöhle, der Schilddrüse, von Varizen und Hernien. Zu den Spezialgebieten zählen die Onkologie sowie Eingriffe gegen krankhaftes Übergewicht.
Stand: November 2022